Der Radius des von uns heute prinzipiell beobachtbaren Universums beträgt etwa 46 Milliarden Lichtjahre. Licht aus weiter entfernten Bereichen des Universums konnte uns bisher nicht erreichen. Es mag vielleicht überaschend sein, dass das sichtbare Universum nicht 13,7 Milliarden Lichtjahre groß ist, was dem Alter des Universums entsprechen würde. Aber man darf nicht vergessen, dass sich das Universum ständig ausdehnt. Ein Atom, das vor 13 Milliarden Lichtjahren ein Photon in unsere Richtung ausgesendet hat, hat sich aufgrund der Raumausdehnung seitdem ständig immer mehr von uns entfernt und ist daher heute wesentlich weiter von uns entfernt, als es die reine Licht-Reisezeit vermuten lässt. Mehr dazu siehe Charles H. Lineweaver, Tamara M. Davis: Der Urknall - Mythos und Wahrheit, Spektrum der Wissenschaft, Mai 2005, S.39 .
Wir wollen uns in diesem Kapitel ansehen, wie die Verteilung der Materie in der weiteren und näheren Umgebung unseres Sonnensystems heute aussieht. Viele der folgenden Darstellungen und Erläuterungen habe ich dabei den sehr schönen Webseiten An Atlas of the Universe von Richard Powell, http://www.atlasoftheuniverse.com/ entnommen gemäß der dortigen Copyright-Information: All of the maps and diagrams on this website belong to me (i.e. Richard Powell), and are free for anyone to use under the following conditions. They are licenced under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.5 Licence. Wer sich für das Thema interessiert und weitere tolle Bilder und Grafiken sehen möchte, sollte sich daher diese Webseiten auf gar keinen Fall entgehen lassen.
Beginnen wir mit dem Universum bis zu einem Abstand von einer Milliarde Lichtjahre (das sind etwa 2 Prozent des Durchmessers des sichtbaren Universums). Unsere Milchstraße befindet sich dabei wie auch auf den weiteren Bildern jeweils in der Mitte. Auf dieser Größenskala sollten sich die Filamente aus Galaxien und Leerräumen (Voids) klar erkennen lassen. Hier ist das entsprechende Bild:
Die kleine weiße Linie stellt einen Abstand von 100 Millionen Lichtjahren (abgekürzt ly für light year) dar.
Sehr schön erkennt man drei große Voids, die mit roter Schrift gekennzeichnet sind.
Außerdem erkennt man etwa 100 Galaxien-Superhaufen (Supercluster), von denen einige
in dem Bild beschriftet sind, darunter auch den relativ kleinen Virgo-Superhaufen
im Zentrum des Bildes, an dessen Rand sich unsere Milchstraße befindet.
Insgesamt befinden sich in dem dargestellten Raumbereich etwa 3 Millionen große und
etwa 30 Millionen kleine Galaxien. Die Zeit, die das Licht vom Rand des Raumbereichs
bis zu uns braucht, ist ungefähr ebenso lang wie die Zeit, die seit der Entstehung des
Lebens auf unserer Erde bis heute vergangen ist.
Langsam bekommt man ein ehrfurchtsvolles Gefühl
für die unglaubliche Größe des Universums.
Zoomen wir etwas heran und verdoppeln die Bildgröße. Das folgende Bild zeigt das Universum bis zu einem Abstand von 500 Millionen Lichtjahren:
Man erkennt die wichtigsten Super-Galaxienhaufen um den Virgo-Haufen herum.
Sie sind Bestandteile gigantischer Galaxien-Wände (beschriftet in gelb), die die großen Hohlräume (Voids,
beschriftet in rot) umgeben. In diesem Raumbereich gibt es immer noch mehrere hunderttausend große Galaxien.
Die im Bild dargestellten Punkte sind also keineswegs einzelne Sterne, sondern komplette Galaxien, wobei hier
nur die großen leuchtstarken Galaxien dargestellt sind!
Eine weitere Vergrößerung um den Faktor 2,5 ergibt das folgende Bild, das unser Universum bis zu einem Abstand von 200 Millionen Lichtjahren zeigt:
Man sieht die Umgebung des Virgo-Superhaufens
mit dem dominierenden Centaurus-Superhaufen daneben.
Noch kann man die großen Leerräume (Voids) erkennen,
wobei die Voids auf diesem Bild eher zu den kleineren gehören.
Verdoppeln wir den Maßstab des obigen Bildes und schauen uns die Umgebung unserer Milchsträße (in der Bildmitte) bis zum Abstand von 100 Millionen Lichtjahren an:
Immer noch ist unsere Milchstraße nur eine von tausenden anderer Galaxien.
Man erkennt, dass es auch unterhalb der Galaxienhaufen und Superhaufen
noch Substrukturen gibt:
Die Galaxien versammeln sich teilweise zu kleineren Galaxiengruppen,
die sich dann beispielsweise um den Virgo-Galaxienhaufen gruppieren.
Dieser bildet zusammen mit den ihn umgebenden Galaxiengruppen
dann den Virgo-Galaxien-Superhaufen.
Diese Galaxienhaufen und Superhaufen haben keine absolut klar abgegrenzte Struktur.
Die Superhaufen sind annähernd die größten Strukturen, die gerade noch gravitativ gebunden
sind und deshalb nicht der allgemeinen Expansion des Raumes unterliegen.
Unterschiedliche Superhaufen dagegen entfernen sich voneinander.
In dem obigen Bild sind nur die hellen Galaxien als weiße Punkte dargestellt. Unsere Milchstraße ist der weiße Punkt im Zentrum. Sie gehört damit zur sogenannten lokalen Gruppe. Insgesamt enthält der dargestellte Raumbereich etwa 2500 große Galaxien und 25000 Zwerggalaxien. Nicht dargestellt ist die dunkle Materie, die letztlich den weitaus größten Materieanteil darstellt (siehe die Abbildungen in Kapitel 3.1). Im Grunde treiben die Galaxien wie kleine Staubkörner im Ozean der dunklen Materie.
Nun machen wir einen größeren Skalensprung und zoomen um einen Faktor 20 in das Bild weiter oben hinein, so dass wie das Universum bis zum Abstand von 5 Millionen Lichtjahren sehen:
Langsam zeichnet sich die Milchstraße im Zentrum
als kleiner weißer Fleck ab.
Zusammen mit den anderen Galaxien in diesem Bild
bildet sie die lokale Gruppe.
Zu dieser Galaxiengruppe gehören drei große Galaxien
(die Milchstraße, die Andromeda-Galaxie und die Triangulum-Galaxie)
sowie knapp 40 Zwerggalaxien,
von denen die meisten auch in dem Bild dargestellt sind
(allerdings leuchten die Zwerggalaxien nur recht schwach
am Himmel, so dass vermutlich noch nicht alle von ihnen
bereits entdeckt wurden).
Und wieder zoomen wir, diesmal um einen Faktor 10, so dass wir die Umgebung der Milchstraße bis zu einem Abstand von 500 000 Lichtjahren sehen:
Die Milchstraße ist umgeben von 9 Zwerggalaxien,
die typischerweise einige Dutzend Millionen Sterne enthalten,
also viel weniger Sterne als die Milchstraße selbst (etwa 200 Milliarden Sterne).
Dazu gehören beispielsweise die große und die kleine Magellanische Wolke.
In dem Bild sind nur die nächsten Zwerggalaxien dargestellt.
Sie sind gravitativ an die Milchstraße gebunden und umkreisen sie
mit Umlaufzeiten von mehreren Milliarden Jahren.
Zoomen wir erneut um einen Faktor 10 an die Milchstraße heran. Nun sehen wir nur noch Objekte bis zu einem Abstand von 50 000 Lichtjahren:
Nun können wir endlich das rekonstruierte Bild der gesamten Milchstraße mit ihren
etwa 200 Milliarden Sternen sehen (ein Foto können wir leider schlecht machen).
Unsere Sonne befindet sich etwa 26 000 Lichtjahre vom Zentrum
entfernt, also relativ weit am Rand.
Für einen Umlauf um das Zentrum der Milchstraße
benötigt sie 220 bis 240 Millionen Jahre
(das ist fast 4 mal die Zeit, die seit dem Aussterben der Dinosaurier vergangen ist, nämlich
65 Millionen Jahre).
Zum Zentrum hin werden die Sterne dichter,
und im Zentrum selbst befindet sich ein gigantisches schwarzes Loch
von knapp 4 Millionen Sonnenmassen.
Unten im obigen Bild sehen wir die Sagittarius-Zwerggalaxie, die vermutlich innerhalb einiger 100 Millionen Jahre sogar mit der Milchstraße verschmelzen wird, so wie dies mit Galaxien wohl häufig in der Geschichte des Universums passiert ist. Schon heute wird sie durch die Gravitation der Milchstraße auseinandergerissen.
Die weißen Punkte außerhalb der Scheibe der Milchstraße sind Kugelsternhaufen (Globular Clusters). Sie enthalten jeweils nur einige tausend bis einige hunderttausend Sterne, die allerdings in den Kugelsternhaufen wesentlich dichter beeinander liegen als in der Scheibe der Milchstraße. Insgesamt gibt es 150 Kugelsternhaufen im Umfeld (Halo) der Milchstraße. Sie sind vermutlich bereits vor mindestens 10 Milliarden Jahren entstanden, als sich das Gas bei der Bildung der Milchstraße langsam zusammenzog. Dabei kollabierten kleine, etwas dichtere Gas-Bereiche zu den Kugelsternhaufen, während sich das übrige Gas weiter zum Zentrum hin zusammenzog und aufgrund seiner Rotation schließlich die Scheibe der Milchstraße bildete. Seit ihrer Entstehung haben sich in den Kugelsternhaufen kaum noch neue Sterne gebildet, d.h. wir sehen in ihnen relativ kleine, sehr alte Sterne. In der Scheibe der Milchstraße ist das anders: In ihr gibt es genug Gas, so dass sich dort selbst heute noch neue Sterne bilden. Auch unsere Sonne entstand nicht bereits bei der Bildung der Milchstraße vor mehr als 10 Milliarden Jahren, sondern erst vor etwa 4,6 Milliarden Jahren. Details zum Lebenszyklus der Sterne und zur Entstehung der Sonne schauen wir uns in den nächsten beiden Kapitel an.
Schematischer Aufbau der Milchstraße
und ihrer Umgebung (Halo), von oben und von der Seite gesehen.
Quelle Bild links:
Wikimedia Commons,
Quelle dort:
NASA/JPL
http://www.nasa.gov/mission_pages/spitzer/multimedia/20080603a.html,
Autor: R. Hurt (NASA, demnach Public Domain).
rechts: eigene Grafik
Literatur zu dem Thema:
last modified on 15 April 2012