Kapitel 7
Die Zukunft

3   Das beschleunigte Universum


"Er..." he said, "hello. Er, look, I'm sorry I'm a bit late. I've had the most ghastly time, all sorts of things cropping up at the last moment."
He seemed nervous of the expectant awed hush. He cleared his throat.
"Er, how are we for time?" he said, "have I just got a min-"
And so the Universe ended. - The Great Prophet Zarquon, c. 18

    aus Douglas Adams: The Hitchhiker's Guide To The Galaxy (The Restaurant at the End of the Universe),
    siehe z.B. im Internet unter http://www.otostopcu.org/yazi/h2g2/b2c19.php.


Zusammenfassung von Teilen des Buchkapitels sowie Zusatzmaterial:

In etwa 8 Milliarden Jahren wird die Sonne ihre äußeren Schichten absprengen und ein weißer Zwerg wird übrig bleiben, umgeben von einem expandierenden planetarischen Nebel. Was von der Erde dabei übrig bleiben wird, ist ungewiss.

In 3 bis 5 Milliarden Jahren, also wohl noch zu Lebzeiten unserer Sonne, wird die benachbarte Andromeda-Spiralgalaxie mit unserer Milchstraße kollidieren. Schließlich könnten Milchstraße und Andromedagalaxie zu einer einzigen großen elliptischen Galaxie verschmelzen.



Die Mäuse-Galaxien sind zwei wechselwirkende Galaxien, die zu einer elliptischen Galaxie verschmelzen könnten. Siehe Wikipedia: Wechselwirkende Galaxien .
Quelle: Wikimedia Commons File:NGC4676.jpg , Public Domain.
Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops, ESA & NASA, siehe http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap040612.html .




Die elliptische Riesengalaxie M87 in der Mitte des Virgo-Haufens ist sehr viel massereicher als unsere Milchstraße.
In ihrem Zentrum befindet sich ein supermassives schwarzes Loch mit einer Masse von 3×109 Sonnenmassen,
das einen Gas-Jet weit in den Weltraum hinein aussendet.
Quelle: Wikimedia Commons, File:M87 jet.jpg, Public Domain.
Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops, ESA & NASA, siehe http://hubblesite.org/newscenter/newsdesk/archive/releases/2000/20/ .


Wie sieht die fernere Zukunft unseres Universums aus? Wir wissen aus Kapitel 1.3, dass sich das Universum seit dem Urknall ausdehnt, d.h. der Abstand zwischen weit voneinander entfernten Galaxienhaufen wächst umso schneller an, je weiter sie voneinander entfernt sind (Hubble-Gesetz).

Wie wird die Ausdehnung des Universums fortschreiten? Wird die Ausdehnung irgendwann einmal zum Stillstand kommen? Wird das Universum ewig expandieren, oder wird es irgendwann einmal wieder in sich zusammenfallen?

Mittlerweile weiß man: Das Universum scheint seit einigen Milliarden Jahren beschleunigt zu expandieren. Man spricht vom beschleunigten Universum.

Ursache könnte eine mysteriöse dunkle Energiedichte im Universum sein, die den Raum gleichmäßig ausfüllt und die einen negativen Druck ausübt, der zu einer abstoßenden Gravitationswirkung führt. Heute besteht offenbar nur etwa 5% der Materie im Universum aus uns bekannten Teilchen und den daraus gebildeten Atomen. Weitere 25% bestehen aus sogenannter kalter dunkler Materie, deren Natur bis heute unbekannt ist. Die restlichen 70% sind die sogenannte dunkle Energie -- über sie weiß man noch weniger als über die dunkle Materie. Vielleicht handelt es sich bei ihr um eine Art sehr dünne Vakuumenergie, die durch virtuelle Teilchen (Quantenfluktuationen im Vakuum) hervorgerufen wird.


Die Materie im heutigen Universum besteht nur zu etwa 5% aus normaler Materie (z.B. Atome), zu etwa 25% aus dunkler Materie (evtl. supersymmetrische Teilchen) und zu etwa 70% aus geheimnisvoller dunkler Energie.

Wenn die dunkle Energiedichte konstant ist, wird das Universum im Lauf der Jahrmilliarden zunehmend schneller expandieren. Dabei wird die mittlere Materiedichte im Universum immer geringer. Die Abstände zwischen den Galaxien-Superhaufen werden immer größer, denn sie sind so weit voneinander entfernt, dass die Gravitationsanziehung zwischen ihnen bedeutungslos ist.

Die Sterne in den Galaxien werden ihren Brennstoff nach und nach verbrauchen -- je heller und massereicher sie sind, umso schneller. Schließlich sprengen sie ihre äußeren Hüllen ab und enden als weißer Zwerg, als Neutronenstern oder als schwarzes Loch. In spätestens 100 bis 1000 Milliarden Jahren werden auch die letzten heutigen Sterne ihren Brennstoff verbraucht haben. Es gibt dann keine Sterne mehr, sondern nur noch abgekühlte weiße Zwerge, Neutronensterne und schwarze Löcher. Am Himmel wird es dann sehr dunkel sein.

Man kann sich überlegen, dass in einem exponentiell expandierenden Universum letztlich keine Materieform stabil ist (mehr dazu im Buchkapitel). Sogar schwarze Löcher zerstrahlen schließlich sehr langsam. Am Ende würde unser expandierendes Universum nur noch aus extrem dünner Wärmestrahlung bestehen, angereichert mit einem Hauch anderer leichter Teilchen wie beispielsweise Neutrinos. Materie und Energie sind gleichsam strukturlos geworden und verlieren sich in den Weiten des Raumes.



Zusatzinformationen:

a) Der Sternenhimmel der Zukunft



a) Der Sternenhimmel der Zukunft

in Anlehnung an Donald Goldsmith: Die ferne Zukunft der Sterne, Spektrum der Wissenschaft, Juni 2012, S. 40.

Wie wird der Sternenhimmel der fernen Zukunft aussehen? Auf jeden Fall wesentlich dunkler als heute, denn Sterne haben nur eine endliche Lebensdauer, und sie werden bereits heute sehr viel seltener gebildet als in den Frühzeit des Universums vor rund 8 bis 10 Milliarden Jahren, als noch ein großer Teil der atomaren Materie in Form von frei verfügbarem Gas vorlag. In der Gegenwart liegt nur noch etwa ein Zehntel der Masse unserer Milchstraße in Form interstellaren Gases vor, sodass die Umwandlungsrate von Gas in Sternmaterie nur noch bei etwa einer Sonnenmasse pro Jahr liegt. Supernovaexplosionen und der Zustrom von Gas aus den Weiten zwischen den Galaxien sorgen zwar für einen gewissen Nachschub, können aber nicht verhindern, dass die Gasmenge nach Modellrechnungen umgekehrt proportional zum Alter des Universums abfallen wird. Entsprechend geringer wird die Entstehungsrate neuer Sterne ausfallen.

Bevor sich unser Sternenhimmel zunehmend verdunkelt, wird es in wenigen Milliarden Jahren noch einmal zu einer Phase mit intensiver Sternentstehung (Starburst genannt) kommen, wenn die benachbarte Andromeda-Spiralgalaxie mit unserer ebenfalls spiralförmigen Milchstraße kollidiert. Besonders die kurzlebigen, aber dafür umso helleren massereichen Sterne entstehen dabei und lassen den Sternenhimmel noch einmal für einige Milliarden Jahre aufleuchten. Nach und nach werden die beiden Galaxien schließlich zu einer Elliptischen Galaxie verschmelzen, in der nur noch wenig Gas für neue Sterne vorhanden sein wird.



Dieses Bild des Hubble-Weltraumteleskops zeigt den 450 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen Abell S0740,
in dessen Zentrum wir die elliptische Riesengalaxie ESO 325-G004 sehen.
Quelle: Wikimedia Commons File:Abell S740, cropped to ESO 325-G004.jpg.
Credit: NASA, ESA, and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA)
Acknowledgment: J. Blakeslee (Washington State University)
siehe http://hubblesite.org/newscenter/archive/releases/galaxy/elliptical/2007/08/ .


Nicht nur die Anzahl und die Art der Sterne wird sich im Lauf der nächsten Jahrmilliarden langsam ändern, sondern auch ihre chemische Zusammensetzung. Sterne, die vor 10 Milliarden Jahren in der Frühzeit des Universums entstanden sind, enthalten fast gar keine schweren Elemente jenseits von Helium wie beispielsweise Kohlenstoff, Sauerstoff oder Eisen. Der Grund ist klar: Diese Elemente wurden erst nach und nach in den Fusionsbrennöfen der Sterne gebildet und am Ende eines Sternenlebens bei spektakulären Supernovae oder -- bei leichteren Sternen -- in Form planetarischer Nebel in den Weltraum geschleudert, sodass sie erst anschließend bei der Bildung neuer Sterngenerationen Verwendung finden konnten. Die Sonne enthält aufgrund ihres relativ jungen Alters von 4,6 Milliarden Jahren bereits hundertmal mehr dieser Elemente als die frühen Sterne. Auch ihr Heliumanteil ist mit rund 27,5 % etwas höher als der Heliumanteil des frühen Universums, der bei knapp 25 % liegt (Helium entsteht ja ebenfalls bei der Kernfusion im Sterninneren).

In einer Billion Jahre (also 1000 Milliarden Jahre -- das Universum wird dann rund 70 Mal älter sein als heute) wird der Heliumanteil des Universums bei über 50 % liegen, während Wasserstoff sowie schwere Elemente mit jeweils nur noch weniger als 25 % zu Buche schlagen. Sterne, die sich erst in dieser fernen Zukunft bilden, werden entsprechend mehr Helium und schwere Elemente und weniger Wasserstoff-Fusionsbrennstoff enthalten. Die schweren Elemente werden dabei die Lebensdauer von Sternen, die innerhalb der nächsten 1000 Milliarden Jahren entstehen, eher verlängern, da sie für Strahlung weniger transparent sind als Wasserstoff und Helium und damit Energie in den Sternen zurückhalten. Der Stern muss daher weniger Energie produzieren, um gegen den Schwerkraftkollaps anzukämpfen, und kann mit seinem Brennstoff sparsamer umgehen. Bei noch später entstehenden Sternen macht sich allerdings zunehmend der Mangel an fusionierbarem Wasserstoff bemerkbar, sodass deren Lebensdauer eher kürzer als heute sein wird.

Wird es in der fernen Zukunft noch bewohnbare Planeten geben? Vermutlich ja! Weil Planeten wie unsere Erde aus schweren Elementen bestehen, werden sie deutlich häufiger gebildet als heute. Ein Drittel bis die Hälfte aller jemals existierenden Planeten wird wohl erst noch entstehen! Da es in ferner Zukunft nur noch die langlebigen, leuchtschwachen massearmen Sterne geben wird (rote Zwerge genannt), müssen Planeten ihren Heimatstern auf einer engen Umlaufbahn umrunden, um flüssiges Wasser und damit Leben beherbergen zu können. Gut möglich, dass es im zukünftigen Universum von solchen bewohnbaren Planeten nur so wimmelt. Zusätzlich werden rote Zwerge häufig vorkommen, denn schon heute sind etwa 70 % aller Sterne der Milchstraße rote Zwerge -- sie fallen nur aufgrund ihrer geringen Leuchtkraft kaum auf, und man kann keinen von ihnen mit bloßem Auge von der Erde aus sehen, obwohl 20 der 30 nächstgelegenen Sterne rote Zwerge sind (u.a. der nächstgelegene Stern Proxima Centauri in 4,24 Lichtjahren Entfernung).


 
Der rote Zwerg Gliese 581 (links) ist nur etwa 20 Lichtjahre von uns entfernt.
Er leuchtet rund 500-mal schwächer als unsere Sonne.
Gliese 581 wird von mehreren Planeten umkreist (künstlerische Darstellung rechts).

Quelle links: Wikimedia Commons File:Gliese 581.jpg.
Credit links: Digital Sky Survey / ESO, Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported
siehe http://www.eso.org/gallery/v/ESOPIA/Stars/phot-22c-07.jpg.html .

Quelle rechts: Wikimedia Commons File:ESO - The Planetary System in Gliese 581 (by).jpg
Credit rechts: ESO, Creative Commons Attribution 3.0 Unported license
siehe http://www.eso.org/public/images/eso0722a/


Über sehr lange Zeiträume hinweg werden sich in vielen Planetensystemen und Doppelsternsystemen Instabilitäten der Umlaufbahnen bemerkbar machen. Enge Doppelsterne werden kollidieren und dabei einen hellen, kurzlebigen massereichen Stern bilden, weit entfernte Doppelsterne werden dagegen auseinanderdriften und sich gegenseitig verlieren. Große Gasplaneten, die ihren Heimatstern eng umrunden, werden in diesen hineinstürzen und ihn kurzzeitig mit Brennstoff versorgen, sodass es zu einem supernovaähnlichen Ausbruch kommt. Während die Sterne nach und nach verlöschen, wird es also immer wieder zu einem kurzen Aufleuchten einzelner Sterne kommen. Kollaps-Supernovae werden dabei allerdings immer seltener, da kaum neue massereiche Sterne mehr entstehen und alle vorhandenen bereits seit langem ihr kurzes Leben ausgehaucht haben werden. Aber thermonukleare Supernovae (Typ Ia) leuchten immer noch vereinzelt am Himmel auf. Bei ihnen nimmt ein weißer Zwerg von einem Partnerstern Wasserstoffgas auf, bis seine wachsende Masse eine nukleare Kettenreaktion entfacht, die den weißen Zwerg komplett zerreißt.

In 100 Milliarden Jahren wird es immer noch viele massearme langlebige rote Zwergsterne am Himmel geben. Man wird allerdings kaum einen von ihnen mit bloßem Auge erkennen können, da sie dafür zu leuchtschwach sind. Die meisten Sterne, die wir in der Gegenwart am Nachthimmel sehen können, sind relativ kurzlebige massereiche Sterne, deren helles Licht das der viel zahlreicheren kleineren Sterne überstrahlt.

Wie langen werden die sparsamsten roten Zwerge durchhalten? Die minimale Masse für einen Stern, der gerade noch die Kernfusion in seinem Zentrum zünden kann, liegt bei rund 0,07 Sonnenmassen. Nun verhält sich die Lebensdauer eines Sterns ungefähr umgekehrt proportional zum Quadrat seiner Masse, d.h. ein roter Zwergstern von 0,07 Sonnenmassen könnte   (1/0,07)2 = 204   mal länger als unsere Sonne leben, deren Lebensdauer bei rund 10 Milliarden Jahren liegt. Damit kommen die besonders sparsamen Sterne auf eine Lebensdauer von rund 2000 Milliarden Jahren und mehr -- eine unvorstellbar lange Zeit, die mehr als hundertfach über dem heutigen Alter des Universums von 13,7 Milliarden Jahren liegt. So lange könnte sich also Leben auf einem Planeten, der einen solchen Stern eng umkreist, durchaus halten, sofern die Umlaufbahn stabil bleibt -- irgendwie tröstlich, auch wenn wir persönlich davon wohl kaum betroffen sein werden. Allerdings neigen rote Zwerge gelegentlich zu starken Strahlungsausbrüchen (Flares), oder ihr Licht verdunkelt sich über Monate aufgrund vieler Sternflecke (Sonnenflecke), sodass es in einer engen Umlaufbahn um einem roten Zwerg auch ungemütlich werden kann. Da die Umlaufbahn eines bewohnbaren Planeten zudem 5 bis 20 Mal näher am Stern verlaufen muss als die unserer Erde, bremsen starke Gezeitenkräfte die Eigenrotation des Planeten ab, so wie dies beispielsweise bei unserem Mond bereits geschehen ist, der der Erde immer dieselbe Seite zuwendet. Auf einer Seite des Planeten wäre also immer Tag, auf der anderen Seite immer Nacht, was entsprechende Temperaturunterschiede zur Folge hat. Die Existenz von Lebewesen auf einem Planeten, der einen roten Zwerg umkreist, wird also nicht unproblematisch sein -- aber wer weiß: oft findet das Leben ja einen Weg!

Irgendwann wird aber auch der sparsamste Stern als weißer Helium-Zwerg enden, und zwar ohne Zwischenstadium als roter Riese, da rote Zwerge nicht in der Lage sind, die Heliumfusion zu zünden. Über viele Milliarden Jahre hinweg werden diese ausgebrannten Helium-Zwerge langsam auskühlen und verblassen. Sie werden zusammen mit schwarzen Löchern und Neutronensternen das weiter expandierende Universum bevölkern, in dem es nun einsam und dunkel geworden ist. Gelegentlich werden zwei weiße Zwerge miteinander verschmelzen und noch einmal eine thermonukleare Supernova entfachen. Auch Neutronensterne verschmelzen immer wieder miteinander und lösen dabei einen kurzen Gammastrahlenausbruch aus. Bisweilen kollidieren sogar zwei schwarze Löcher und schicken dabei ein Feuerwerk aus Gravitationswellen durch Raum und Zeit.



Kollision zweier Neutronensterne (künstlerische Darstellung).
Credit: NASA/Dana Berry
Quelle: NASA Scientists Catch a Unique Gamma-Ray Burst


Auf ganz lange Sicht wird wohl keine dieser Materieformen stabil bleiben können. Mehr dazu gibt es im Buchkapitel.


Literatur:



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last modified on 11 July 2012