Im Sommer 1958 nahm Feynman − er war mittlerweile vierzig Jahre alt − wieder an der jährlichen Rochester-Konferenz teil, die zum ersten Mal nicht in Rochester stattfand, sondern in Genf. Am Strand des Genfer Sees traf er zufällig eine junge Frau in einem blauen Bikini und kam mit ihr ins Gespräch. Ihr Name war Gweneth Howarth. Sie stammte aus einem kleinen Dorf aus Yorkshire in England und hatte trotz ihrer gerade einmal 24 Jahre beschlossen, sich auf eigene Faust die Welt anzusehen und sich bis nach Australien durchzuschlagen. Also hatte sie sich zunächst eine Fahrkarte nach Genf gekauft. Dort arbeitete sie nun als Au-Pair-Mädchen, um genug Geld für die Fortsetzung ihrer Reise zusammenzubekommen.
Feynman bewunderte Gweneths Mut und Abenteuerlust − hatte er in ihr womöglich eine Seelenverwandte gefunden? Er fand sie so sympathisch, dass er sie einlud, ihn nach Kalifornien zu begleiten und dort als Haushälterin für ihn zu arbeiten. Zwei Monate später sagte sie schließlich zu.
Es war jedoch nicht ganz einfach, die bürokratischen Hürden für ihre Einreise in die USA zu überwinden. Schließlich gelang es, Gweneth im Sommer 1959 in die USA zu holen − sie war mittlerweile 25 Jahre alt. Trotz Feynmans Neigung zu schnellen Affären war Gweneths Rolle zunächst genau die, für die er sie in die USA geholt hatte: Sie war seine Haushälterin. Nach und nach muss sich der Charakter ihrer Beziehung geändert haben. Sie passten einfach trotz ihres Altersunterschieds von sechzehn Jahren gut zusammen und Feynman war sehr glücklich darüber, Gweneth bei sich zu haben. Schließlich machte er ihr im Frühjahr 1960 nach reiflicher Überlegung einen Heiratsantrag. Am 24. September 1960 heirateten sie.
Feynman hatte endlich eine Frau gefunden, die die große Lücke schließen konnte, die Arline in seinem Leben hinterlassen hatte. Die Freundschaft und Liebe zwischen Richard und Gweneth hielt ein Leben lang. Zwei Jahre nach der Hochzeit wurde ihr Sohn Carl geboren, und im Jahr 1968 adoptierten sie ein kleines Mädchen: Michelle. Feynman war glücklich − schon immer hatte er sich Kinder gewünscht.
Zu seinem privaten Glück kam im Jahr 1965 ein Ereignis hinzu, das wohl für die meisten Wissenschaftler die absolute Krönung der Forscherkarriere sein dürfte: Feynman wurde zusammen mit Julian Schwinger und Shin’ichiro Tomonaga der Physik-Nobelpreis verliehen. Schade, dass Freeman Dyson nicht ebenfalls zu den Preisträgern gehörte − er hätte es sicher verdient gehabt.
Als Feynman frühmorgens um kurz vor vier Uhr von einem Reporter aus dem Schlaf gerissen wurde und erfuhr, ihm solle der Nobelpreis verliehen werden, wusste er zunächst nicht so recht, ob er sich darüber freuen sollte. Pompöse Veranstaltungen waren ihm zuwider. Andererseits fühlte sich Feynman auch geschmeichelt, sich in die Gemeinschaft der großen Nobelpreisträger wie Max Planck, Albert Einstein, Niels Bohr und Paul Dirac einreihen zu dürfen. Also sagte er nach einigem Zögern schließlich zu und reiste etwas nervös zu der Preisverleihung nach Stockholm.
Es war ein großes Glück, dass Feynman den Preis annahm, denn er hielt in
Stockholm eine außergewöhnliche Nobelpreisrede
(man findet sie unter
Richard P. Feynman - Nobel Lecture: The Development of the Space-Time View of Quantum Electrodynamics).
Darin erlaubt er seinen Zuhörern
einen tiefen Einblick in seine physikalische Gedankenwelt und macht nachvollziehbar,
wie sich seine Ideen zur QED nach und nach entwickelten.
Die Rede ist so lebendig geschrieben, dass man fast das Gefühl hat,
an Feynmans Gedankengängen unmittelbar teilzuhaben. Schauen Sie doch mal rein − es lohnt sich!
last modified on 01 October 2017