Kapitel 5
Erdmittelalter

2   Jura: Saurier erobern die Welt, Pangäa zerbricht

Zusammenfassung von Teilen des Buchkapitels sowie Zusatzmaterial:

Etwa 200 Millionen Jahre vor der Gegenwart beginnt das zweite Zeitalter des Erdmittelalters: der Jura. Diese Epoche wird etwa 65 Millionen Jahre andauern und etwa 135 Millionen Jahre vor der Gegenwart in die Kreidezeit übergehen.

Zwei wesentliche Dinge kennzeichnen den Jura:

Einen ersten Eindruck liefert auch das folgende Bild:



Beschreibung auf Wikimedia: Gemälde einer Szene aus dem Oberen Jura auf einer der großen Inseln im niedersächsischen Becken in Norddeutschland. Es zeigt ein adultes Exemplar und ein Jungtier des Sauropoden Europasaurus holgeri sowie vorbeiziehende Iguanodons. Zwei Compsognathus sind im Vordergrund zu sehen, rechts ein Archaeopteryx.
Quelle: Wikimedia Commons File:Europasaurus holgeri Scene 2.jpg, Gemälde von Gerhard Boeggemann (hier seine Gallerie),
auf Wikimedia lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz Attribution ShareAlike 2.5.



Das Zerbrechen Pangäas:
Schauen wir uns genauer an, wie der Superkontinent Pangäa langsam zerbricht und sich die heutigen Kontinente und Ozeane andeuten:


         


Waren in der Trias Süd- und Nordchina noch Inseln im östlichen Ozean, so sind diese nun im frühen Jura mit dem Superkontinent Pangäa vereint. Doch Pangäa ist zerbrechlich und wird im mittleren Jura langsam auseinandergerissen.

Etwa 180 Millionen Jahre vor der Gegenwart öffnet sich ein Riss zwischen dem heutigen Nordamerika und Afrika. Der Zentralatlantik und der Golf von Mexiko bilden sich als schmale, aber ständig breiter werdende Wasserstraßen in der Mitte Pangäas. Zugleich beginnt auch der große südliche Teil Pangäas, der uralte Kontinent Gondwana, zu zerbrechen. Zwischen Afrika und der Antarktis entsteht eine keilförmige Meeresstraße. Erst nach dem Ende des Erdmittelalters werden sich auch Nordamerika und Europa voneinander trennen.

Das heutige Europa ist im späten Jura eine Ansammlung größerer Inseln, die durch ein flaches Meer getrennt sind. Flache Meere bedecken neben Teilen Europas auch Teile der großen Zentralebenen Nordamerikas (die sogenannte Sundance Sea).

Zwei schöne Darstellungen dazu findet man unter Entstehung der Alpen, http://www.geologie.ac.at/RockyAustria/entstehung_der_alpen.htm, und in Palaeos: The Middle Jurassic, http://www.palaeos.com/Mesozoic/Jurassic/MidJura.html.


Was bewirkt eigentlich diese ständige Drift der Kontinente über deb Erdball? Ursache für diese Plattentektonik sind langsame Konvektionsströme im zähplastischen Erdmantel. Heißes Magma steigt in bestimmten Bereichen aus dem Erdmantel bis zur Erdoberfläche auf, breitet sich dort aus und bildet neue ozeanische Kruste. Dabei wird der vorhandene Ozeanboden zu den Seiten weggedrängt -- man spricht auch von Ozeanboden-Spreizung (Seafloor Spreading). Solche Stellen nennt man Mittelozeanische Rücken, wie beispielsweise in der Gegenwart der mittelatlantische Rücken, zu dem auch Island gehört.

Das aufgestiegene Magma driftet zu den Seiten und kühlt sich dabei ab. Schließlich sinkt es wieder nach unten in den Erdmantel ab, wenn es auf ein Hindernis wie eine Kontinentalplatte trifft. An diese Stellen befinden sich Subduktionszonen (Abtauchzonen), die sich meist als Tiefseegräben bemerkbar machen.

Wie Eisschollen auf zähflüssigem Honig schwimmen nun die Blöcke der Kontinente auf dem Erdmantel und folgen der Bewegung des zähplastischen Erdmantels, auf dem sie schwimmen. Die Kontinentalblöcke bestehen aus leichterem Material und können daher nicht in den Erdmantel abtauchen. Wie auf einem Fließband werden sie langsam zusammen mit dem umgebenden Ozeanboden von den ozeanischen Rücken weg und zu den Subduktionszonen hin geschoben. Dabei kann es zu Kollisionen kommen, wie wir bereits mehrfach in der Erdgeschichte gesehen haben. Superkontinente und Gebirge bilden sich so. Umgekehrt kann sich auch unter einer Kontinentalscholle eine Spreizungszone auftun, so dass die Scholle zerreißt und sich zwischen den Bruchstücken neuer Meeresboden bildet. Genau dies geschieht im Jura an mehreren Stellen mit Pangäa.



Plattentektonik, Quelle: Wikipedia Commons File:Plattengrenzen.png,
Autor: USGS/USGov, modified by Eurico Zimbres, and the Wikipedia uploader, demnach gemeinfrei (Public Domain),
Beschreibung: Arten der tektonischen Plattengrenzen mit deutscher Beschriftung.



Die Vorherrschaft der Saurier und erste Vögel:

Im Jura und in der Kreidezeit erleben die Dinosaurier ihre große Blüte. Sie sind die beherrschenden großen und mittelgroßen Landtiere.

Sind die Dinosaurier im frühen Jura zumeist noch eher klein, so entstehen im späten Jura einige der größten Dinosaurier aller Zeiten: Sauropoden wie Camarasaurus, Brachiosaurus und Diplodocus. Da Pangäa auseinanderbricht, unterscheidet sich dabei die Tierwelt auf den einzelnen Bruchstücken zunehmend (siehe Palaeos Mesozoic: Jurassic: Late Jurassic Period (The Malm Epoch), http://www.palaeos.com/Mesozoic/Jurassic/LateJura.html ):


Eines der ältesten Säugetiere aus dem frühen Jura ist das winzige Hadrocodium wui (Bilder siehe z.B. http://www.fossilien.de/seiten/saeugetiere/saeugetiere.htm ). Auch wenn die Säugetiere im Jura sicher nur einen geringen Anteil bei den kleineren Landtieren stellen, so gibt es doch gerade in neuerer Zeit Fossilienfunde, die zeigen, dass sie durchaus bereits eine gewisse Artenvielfalt entwickeln. Ein Beispiel ist der biberartige Castorocauda aus dem mittleren Jura.



Das frühe Säugetier Castorocauda.
Quelle: Wikimedia Commons File:Castorocauda BW.jpg von Nobu Tamura,
dort unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported lizenziert.


In der Pflanzenwelt des Jura sind Nacktsamer, also insbesondere Nadelhölzer (besonders Mammutbäume und Kiefern), Ginkgobäume und Palmfarne (Cycadeen), weit verbreitet (siehe auch die Zusatzinformationen unten). Die ersten Blütenpflanzen (Bedecktsamer) treten auf (Archaefructus liaoningensis). Das Auseinanderbrechen Pangäas bewirkt, dass das warme Klima an vielen Stellen des Festlandes wieder feuchter wird, da nun wieder Meeresküsten in der Nähe sind. Insgesamt ist die Pflanzenwelt im Jura daher deutlich üppiger als im kontinentalen trockenen Klima des Perm und der Trias.


   

Links: Der heutige Ginkgobaum Ginkgo biloba
ist die einzige überlebende Ginkgo-Art und gilt als eines der ältesten lebenden Fossilien der Pflanzenwelt.
Er ist heute ein beliebter Baum für Parks und Gärten.
Foto: Tim Resag

Rechts: Der heutige Palmfarn Cycas circinalis (siehe Wikipedia).
Quelle: Wikimedia Commons File:Cycas circinalis.jpg von Wikipedia-User Raul654,
Diese Datei wurde dort unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren. Es gibt keine unveränderlichen Abschnitte, keinen vorderen Umschlagtext und keinen hinteren Umschlagtext.




Archaefructus liaoningensis, eine der ersten Blütenpflanzen.
Quelle: Wikimedia Commons File:Archaefructus liaoningensis.jpg von Wikimedia-User Shizhao,
dort lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz Attribution ShareAlike 2.5.



In den ausgedehnten warmen flachen Meeren des Jura breiten sich Fischsaurier (Ichthyosaurier und Plesiosaurier), Fisch-fressende Krokodile und moderne Haie aus. Die Ammoniten erleben ihre größte Artenvielfalt in der Erdgeschichte. Auch andere wirbellose Tiere (Schwämme, Korallen, Muscheln) blühen auf.



Der langhalsige 3 bis 5 Meter lange Plesiosaurus dolichodeirus.
Quelle: Wikimedia Commons File:Plesiosaurus BW.jpg von Nobu Tamura,
dort lizensiert unter der Creative Commons Attribution 3.0 Unported Lizenz.


Das Jura endet etwa 135 Millionen Jahre vor der Gegenwart und geht relativ unspektakulär in das letzte Zeitalter des Erdmittelalters über: die Kreidezeit. Schauen wir uns im nächsten Kapitel an, was in dieser Zeit aus den Sauriern, den neuen Vögeln und den kleinen Säugetieren wird, und wie die Bruchstücke Pangäas weiter auseinanderdriften.



Zusatzinformationen:

a) Bennettitales
b) Palmfarne (Cycadales)



a) Bennettitales

Die Bennettitales sind eine Teilgruppe (Ordnung) der Samenpflanzen, die im Erdmittelalter (Trias bis Kreide) weit verbeitet war und die ungefähr zeitgleich mit dem zunehmenden Aufkommen der Bedecktsamer (Blütenpflanzen, Angiospermen) am Ende des Erdmittelalters schließlich ausstarb.

Äußerlich ähneln sie (besonders die Blätter) manchen heutigen Palmfarnen (Cycadales, siehe unten). Sie besitzen blütenähnliche Zapfen, die sehr wahrscheinlich von Insekten bestäubt wurden. Bennettitales weisen eine Reihe von Ähnlichkeiten mit den Bedecktsamern auf, sodass sie als deren Vorfahren oder Verwandte diskutiert werden.

Man unterscheidet zwei (manchmal auch drei) Familien der Bennettitales: die Williamsoniaceae (langer schlanker verzweigter Stamm) und die Cycadeoidaceae (eher mit kurzem gedrungenem Stamm).



Rekonstruktion von Williamsonia sewardiana (links) sowie einer Bennettitales vom Cycadeoidaceae-Typ (rechts).
Credit: Nobu Tamura, verwendet mit freundlicher Genehmigung
Quelle: Paleoexhibit: Prehistoric plants



b) Palmfarne (Cycadales)

Palmfarne bilden zusammen mit den Koniferen und den Ginkgos die drei heute noch lebenden großen Gruppen (Ordnungen) der Nacktsamer (Gymnospermae) -- viele andere Gruppen sind ausgestorben. Man darf Palmfarne nicht mit den Palmen (Arecaceae oder Palmae) verwechseln, die zu den Bedecktsamern gehören. Palmfarne besitzen meist Zapfen (siehe Bild oben), während Palmen Blütenstände tragen. Immerhin erfolgt auch bei Palmfarnen die Bestäubung meist durch Insekten, beispielsweise Käfer.

Palmfarne existieren seit dem frühen Perm bis zur Gegenwart, wobei sie im Erdmittelalter (besonders im Jura und in der Kreide) deutlich weiter verbreitet waren als heute. Einige fossile Palmfarne sind sogar 300 Millionen Jahre alt. In der Gegenwart gibt es noch rund 300 Arten, die in den Tropen beheimartet sind -- allerdings kaum in den tropischen Regenwäldern, sondern beispielsweise in Höhenlagen. Dabei sind die einzelnen Gattungen meist auf einzelne Kontinente beschränkt. Wahrscheinlich bilden die Palmfarne eine recht ursprüngliche Gruppe der Samenpflanzen. Wie die Ginkgos sind einige Palmfarne lebende Fossilien, die sich teilweise 200 Millionen Jahre in die Vergangenheit verfolgen lassen (siehe http://www.biologie.uni-hamburg.de/b-online/e47/47b.htm).



Ein kleiner Palmfarn (Cycas revoluta)
Credit: Adrian Pingstone
Quelle: Wikimedia File:Cycas Sago.palm.arp.750pix.jpg, dort public domain



Literatur zu dem Thema:



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last modified on 07 September 2012