Wir befinden uns am Beginn der Kreidezeit, 135 Millionen Jahre vor der Gegenwart. In diesem Kapitel legen wir mehr als die Hälfte des noch verbleibenden Weges zurück, denn die Kreidezeit dauert 70 Millionen Jahre und endet mit dem Aussterben der Dinosaurier etwa 65 Millionen Jahre vor der Gegenwart.
Schauen wir uns zunächst wieder die Verteilung und Drift der Kontinente an. Man kann es kurz so zuammenfassen: Der Zerfall Pangäas geht weiter und die heutige Verteilung der Kontinente zeichnet sich langsam ab. Es ist warm (kein Eis an den Polen), der Meeresspiegel liegt hoch und flache Meere überfluten große Teile der Kontinente.
In der Kreidezeit öffnet sich der Südatlantik zwischen
Afrika und Südamerika.
Damit beginnt nun auch Gondwana, endgültig zu zerfallen.
Indien und Madagaskar trennen sich von Afrika und beginnen ihre Wanderung nach Norden.
Pflanzen und Insekten:
Im feuchten und warmen Treibhausklima der Kreidezeit gedeiht an vielen Stellen eine artenreiche Pflanzenwelt. Blütenpflanzen (Bedecktsamer) breiten sich zunehmend aus, während Nacktsamer (Palmfarne, Ginkgos und Nadelgewächse) an Bedeutung verlieren. So entstehen in der späten Kreidezeit die Blüten-tragenden Laubbaumarten Eiche, Ahorn und Walnuss und machen den anderen Bäumen massiv Konkurrenz.
Blütenpflanzen sind darauf angewiesen, dass Insekten die Pollen von Blüte zu Blüte
tragen. Umgekehrt sind diese Insekten auch auf den Nektar der Blüten angewiesen.
Es überascht daher nicht, dass sich zugleich mit den Blütenpflanzen
auch die entsprechenden Insekten entwickeln und ausbreiten (man spricht von Co-Evolution,
also gemeinsamer Entwicklung). So entstehen beispielsweise die ersten Bienen.
Aus der Kreidezeit gibt es ein besonders interessantes lebendes Fossil, das lange Zeit als ausgestorben galt:
die Wollemie (Wollemia nobilis).
Im September 1994 entdeckte man in einem abgelegenen Canyon
im Wollemi-Nationalpark Australiens zufällig einige Exemplare.
Weniger als 100 Exemplare dieser urtümlichen Nadelbaumart
haben versteckt in den abgeschiedenen Canyons der Blue Mountains
bis zur Gegenwart überlebt. Mittlerweile kann man sogar kleine Jungpflanzen für den eigenen Garten
kaufen.
Mehr zu Wollemien siehe unter http://germany.wollemipine.com/.
Dinosaurier und Vögel:
Die Dominanz der Dinosaurier an Land setzt sich in der Kreidezeit fort. Allerdings verschwinden viele Arten des Jura oder sind stark dezimiert wie beispielsweise Diplodocus, Stegosaurus und Allosaurus. Neue Arten treten an ihre Stelle, wobei sich die Tierwelt der nun voneinander getrennten Kontinente zunehmend unterscheidet. Hier sind einige Beispiele aus der neuen Artenvielfalt der Kreidezeit:
In der Kreidezeit treten besonders im heutigen China
viele gefiederte Dinosaurier
auf, die (wie zuvor Archaeopterix)
auf die Abstammung der Vögel von den Dinosauriern hinweisen:
Auch die Vögel selbst entwickeln sich weiter und beginnen, mit zunehmender Artenvielfalt die
Erde zu bevölkern:
Flugsaurier:
In der frühen und mittleren Kreidezeit sind Flugsaurier noch häufig. Sie entwickeln zum Teil riesige Formen. Gegen Ende der Kreidezeit werden sie jedoch zunehmend von den aufkommenden Vögeln verdrängt.
Links: Ornithocheiros, ein mittelgroßer bis großer Pterosaurier.
Quelle:
Wikimedia Commons File:Ornithocheirus BW.jpg von Nobu Tamura,
dort lizenziert unter der
Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“.
Offizieller Lizenztext.
Rechts: Quetzalcoatlus ist mit
einer Flügelspannweite von 11 - 13 m einer der größten Flugsaurier aller Zeiten.
Quelle:
Wikimedia Commons File:Quetzfeedingwittonnaish2008.png von Mark Witton and Darren Naish (2008),
dort lizenziert unter der
Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“.
Offizieller Lizenztext.
Quelle dort: Witton MP, Naish D (2008) A Reappraisal of Azhdarchid Pterosaur Functional Morphology
and Paleoecology.
PLoS ONE 3(5): e2271. doi:10.1371/journal.pone.0002271Full text online.
Säugetiere:
Die Säugetiere spielen in der Kreidezeit noch eine untergeordnete Rolle gegenüber den Dinosauriern. Neuere Funde zeigen aber, dass es neben kleinen insektenfressenden Säugetieren bereits eine Vielzahl anderer Arten gibt. Dabei wird die Aufspaltung in verschiedene Arten unter anderem durch das Auseinanderbrechen Gondwanas gefördert (Details dazu im Buch).
Nur die folgenden drei Unterklassen der Säugetiere
leben in der Gegenwart noch:
Das Leben im Meer:
In den ausgedehnten flachen Meeren der Kreidezeit gibt es eine Vielzahl von Lebewesen: Meeresreptilien (Riesenschildkröten, Riesenkrokodile, Ichthyosaurier, Plesiosaurier und die riesigen Mosasaurier, die mit den Waranen und Schlangen verwandt sind), Fische, moderne Haie sowie eine Vielzahl von Ammonitenarten, deren größte bis zu 2 Meter Durchmesser besitzen.
Aber auch bei den ganz kleinen Lebewesen im Meer tut sich Einiges: Viele Mikroorganismen entwickeln harte Skelette. So breiten sich beispielsweise Kieselalgen (engl. Diatoms), zunehmend im Meer aus. Sie sind Mikroorganismen (Eukaryoten, also Einzeller mit Zellkern), die Photosynthese betreiben und die in der Gegenwart der größte Primärproduzent von Biomasse in den Ozeanen sind. Mehr dazu siehe in Palaeos Mesozoic: Cretaceous: The Cretaceous Period: p. 1.
Das große Massensterben und das Ende der Dinosaurier:
Die Kreidezeit und mit ihr das Erdmittelalter enden 65 Millionen Jahre vor der Gegenwart mit einem großen Massensterben. Dieses fünfte Massensterben ist zwar nicht so groß wie das Massensterben am Ende des Erdaltertums 185 Millionen Jahre zuvor (also 250 Millionen Jahre vor der Gegenwart), aber es ist sicher das bekannteste Massensterben, denn es bedeutet das Ende für die seit 170 Millionen Jahren erfolgreichen Dinosaurier. Sogar die Ammoniten, die es seit mehr als 300 Millionen Jahren gibt (siehe Kapitel 5.4 (Devon) ), sterben aus. Auch alle Meeresreptilien außer Schildkröten und Krokodilen erwischt es tödlich. An Land sterben neben den Dinosauriern auch die Flugsaurier komplett aus. Vögel und Säugetiere überleben, wenn auch stark dezimiert.
Wie kommt es zu diesem Massensterben?
Ein Grund könnte der etwa 10 Kilometer große Asteroid sein, der zum Ende der Kreidezeit auf der Yucatán-Halbinsel im heutigen Mexiko einschlägt (siehe auch Wikipedia: Kreide-Tertiär-Grenze sowie David A. Kring, Daniel D. Durda: Der Tag, an dem die Erde brannte, Spektrum der Wissenschaft, Februar 2005, S. 48).
Zur Zeit des Einschlags ist dieses Gebiet von einem flachen Meer bedeckt. Der auch Chicxulub-Krater genannte Einschlagskrater ist in der Gegenwart nicht mehr direkt sichtbar, da er durch Erosion abgetragen und unter kilometer-dicken Sedimentschichten begraben ist. Chicxulub ist übringens ein Maya-Wort und bedeutet soviel wie Schwanz des Teufels. Der Krater wurde erst 1981 anhand von kreisförmigen Variationen der Erdgravitation in diesem Gebiet aufgespürt und wird seitdem mit modernen Techniken intensiv untersucht und vermessen.
Ob dies ausreicht, das globale Massensterben zu erklären, ist unklar, denn niemand kann die Folgen
wirklich gut abschätzen. Die meisten Wissenschaftler
gehen mittlerweile aber davon aus, dass der Einschlag des Asteroiden wohl die entscheidende
Ursache des Massensterbens ist.
Vielleicht ist das Massenaussterben auch auf eine Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen. Ein solcher zusätzlicher Faktor könnte der massive Vulkanismus am Ende der Kreidezeit sein. Das kennen wir bereits vom größten Massensterben der Erdgeschichte aus Kapitel 4.6 (Perm). In der Kreidezeit gibt es über lange Zeiträume intensive vulkanische Aktivitäten, verursacht durch die neuen Spreizungszonen, die Pangäa auseinanderbrechen lassen, sowie durch Super-Plumes. Besonders Indien und der westliche Pazifik sind betroffen. Zum Ende der Kreidezeit, zwischen 68 und 60 Millionen Jahre vor der Gegenwart, ereignen sich besonders intensive Ausbrüche in Südindien. Das austretende Magma bildet bis zu 2 Kilometer dicke Basaltschichten, die schließlich große Teile Indiens bedecken. Man nennt sie die Dekkan-Trapps. Erinnern wir uns: am Ende des Perm bildeten sich analog die Sibirischen Trapps.
last modified on 07 September 2012